Lettering-Grundlagen: Typografie – Teil 2

Heute geht’s weiter mit den theoretischen Grundlagen. Und nachdem ich das letzte Mal über den mikrotypografischen Bereich geschrieben habe, steige ich heute in die Makrotypografie ein, also eher das große Ganze. Eigentlich zäume ich das Pferd von hinten auf, und hätte theoretisch mit dem anfangen müssen, was ich in den nächsten Posts behandeln werde. Da ich aber anfangs noch keinen echten Plan hatte, wo ich mit dem Blog hier hin will, ist es nun eben so. Nach den typografischen Begriffen fahre ich dann jedenfalls mit Gestaltungsgrundsätzen, Perspektive, Farben und Wahrnehmungspsychologie fort. Denn nicht nur mit Fotos kann man bei Menschen Emotionen auslösen. Auch über Schriften und Farben ist das natürlich möglich und man kann es sehr sogar gezielt einsetzen bis hin zu optischen Täuschungen. Auch einige Übungen gibt es dann diesbezüglich für euch.

Vorweg sei noch gesagt: Ich picke auch weiterhin nur die für euch wichtigen „Rosinchen“ in Sachen Fachwissen heraus. Nicht umsonst muss man eine jahrelange Ausbildung durchlaufen in meinem Bereich, da alle Themenfelder noch viel viel mehr umfassen, das man verinnerlicht haben sollte. Gerade im Lettering kann man aber sehr frei agieren. Viel freier als beispielsweise aktuell im Webdesign. Bezüglich der Typo sollte man dort nach wie vor hauptsächlich auf die Lesbarkeit setzen und entsprechend kann man nicht wirklich große typografische Experimente starten, wenn Dinge auch auf kleinen Smartphone-Bildschirmen gut zu lesen sein müssen. Beim Lettering jedoch, welches vorwiegend für Einzelmotive und im „Offline-Bereich“ Anwendung findet (und eigentlich auch beim Illustrieren), geht das. Dort kann man sich bezüglich Formen, Farben, Strukturen und Materialien richtig austoben.

Nun aber zur Makrotypografie…

Lesefreundlichkeit

Bis zu einem gewissen Grad gibt es bei der Typografie Dinge, die man nicht tun sollte, weil sie das Schriftbild zerstören oder die Lesbarkeit behindern. Bei Lettering-Sachen bzw. gerade bei den aktuellen Trends, was Typobilder mit vielen Schriften betrifft, werden solche Dinge nahezu aufgehoben. Fast alles, was man in der Gebrauchsgrafik normalerweise vermeidet, gilt dort nicht, da es sehr in den künstlerischen Bereich hinein geht.

Folgende Dinge beeinflussen die Lesbarkeit von Texten:

  • Hintergrund
  • Farbe
  • Schriftart
  • Schriftgröße
  • Laufweite (also die Buchstabenzwischenräume)
  • Zeilenlänge
  • Buchstaben pro Zeile
  • Trennungen
  • Zwischenräume (Wort-, Zeilen-, Spaltenabstände)

Ein kleiner Tipp: Als Einstieg ins Lettering bietet es sich an, erstmal am Rechner in einer Schrift seiner Wahl Wörter vorzuschreiben, auszudrucken und die dann durchzupausen. So bekommt man ein Gefühl für die Schrift und das Schriftbild und übt sich außerdem im Zeichnen von Buchstaben.

Grundsätzlich gilt für die Lesbarkeit: Je ungewöhnlicher die Schrift, desto sparsamer der Einsatz je länger ein Text ist. Das klingt jetzt vielleicht etwas langweilig und gerade am Anfang neigt man ja gerne mal dazu, alle Effekte anzuwenden die man finden kann, aber viel hilft eben nicht immer viel. Ebenfalls sparsam sollte man mit der Verwendung von ganzen Wörtern, Wortgruppen oder gar Texten in Großbuchstaben umgehen. Sie sind schlecht lesbar, weil dem Auge die Führung durch die Klein- und Großbuchstaben fehlt und vermitteln dem Lesenden auch ein gewisses Gefühl, angeschrien zu werden. Also auch hier: Bei Letteringprojekten, in Überschriften oder einzelnen Hervorhebungen, bei denen die Lesbarkeit nur eine untergeordnete Rolle spielt, ja, ansonsten sollten Texte in Versalien vermieden und werden.

Typografie Grundlagen

Händische Manipulationen an Schriften sind ebenfalls so eine Sache. Da sich die Schriftgestalter im Gestaltungsprozess so ihre Gedanken gemacht haben, wirken sich in der Regel händische Manipulationen immer negativ aus. Durch Zerren oder Stauchen werden auch die Striche und Zwischenräume einer Schrift künstlich verändert und in den seltensten Fällen sieht das dann noch gut aus, weil es unausgewogen wirkt. Zum Üben sollte man sich also Schriften als Vorbilder suchen, die durch den Gestalter schon mit den entsprechenden Eigenschaften entwickelt wurden. Beim Lettering entwickelt man ansonsten in der Regel mit der Zeit ein Auge dafür, was gut aussieht und was nicht.

Handlettering Typografie Zerren Strauchen

Laufweite, Spationieren, Unterschneiden, Wortabstand

Die Laufweite ist bei digitalen Schriften in der Regel gut ausgeglichen und kleine Unstimmigkeiten fallen bei normalen Texten nicht auf, bei Überschriften, also großen Schriften, aber schon. Einige Buchstabenkombinationen, wie zum Beispiel TA, LT, VA, To, Aw oder Zahlenpaare mit viel Fleisch wie 17, sind ein bisschen kritisch, weil der große Weißraum bei den Buchstaben optische Löcher erzeugt, die ausgeglichen werden müssen. Das wird in der Regel händisch gemacht und nennt sich Unterschneiden.

Das Vergrößern der Laufweite, also des Buchstaben- und/oder Wortabstandes wiederum nennt sich Spationieren. Das ist selten nötig, kann aber als Eyecatcher durchaus reizvoll sein.

Im Englischen und in vielen Grafikprogrammen sind Spationieren und Unterschneiden in dem Wort Kerning (für Abstände zwischen Buchstabenpaaren) oder Tracking (für die gesamte Laufweite) zusammengefasst.

Wichtig ist: In einem längeren Text, der in der Regel in einer einzigen Schriftart verfasst ist, sollte die Laufweite nicht variieren. Das passiert ganz gerne mal, wenn man in einem Schreibprogramm Blocksatz einstellt und schmale Spalten hat. Das Programm ist dann oft nicht in der Lage, die Abstände auszugleichen und es entstehen solch merkwürdige Schriftbilder.

Handlettering Typografie Kerning

Als optimaler Wortabstand wird die Dickte eines t oder die Punzenweite des n angesehen. Kleinere Abstände verwehren dem Auge die Sprungmarke zum nächsten Wort, größere verursachen optische Löcher.

Handlettering Typografie Wortabstand

Zeilenabstand

Der Zeilenabstand ist beim Lettering so gesehen zweitrangig – besonders, wenn man künstlerisch arbeitet. Eigentlich zu weite oder zu enge Zeilenabstände können dann sogar sehr reizvoll sein.

Da ihr sicherlich aber ab und an auch längere Texte bearbeitet, möchte ich trotzdem ein paar Worte dazu schreiben. Der Zeilenabstand beschreibt die Distanz der untereinander stehenden Schriftzeichen und wird von Schriftlinie zu Schriftlinie gemessen. Eingebürgert hat sich ein normaler Zeilenabstand von 120% der Schriftgröße, die in vielen Schreibprogrammen auch voreingestellt ist und bei einer 10-Punkt-Schrift ergo 12 Punkt beträgt.

Diese rechnerischen Werte sind jedoch je nach Schriftart hinfällig, denn was eigentlich zählt, ist der optische Zeilenabstand. Er ist der Weißraum zwischen den Zeilen und wird von der Schriftlinie zur Mittellänge gemessen. Als Faustregel kann hier ansetzen, dass dieser Weißraum etwa dem Anderthalbfachen der x- oder Mittellängenhöhe, also der Höhe der kleinen Buchstaben, entsprechen soll. Das ergibt im Ganzen viel mehr Sinn als diese 120%-Sache, denn wenn ihr mal in euren Schriften-Ordner schaut, werdet ihr feststellen, dass sich Fonts nicht selten auch durch die Höhe der kleinen Buchstaben sehr unterscheiden. Daran den Zeilenabstand auszurichten ist also sowohl auf dem Rechner als auch bei euren Lettering-Projekten sinnvoll. Längere Zeilen benötigen außerdem etwas mehr Zeilenabstand als kurze, damit das Auge leichter zum nächsten Zeilenanfang springen kann.

Zeilenabstand

Satzausrichtung

Auch hier: Beim Handlettering „darf“ man, was in der Gebrauchsgrafik eigentlich als NoGo gilt – zum Beispiel Schriftgrößen von einzelnen Zeilen so verändern, dass die Zeilen alle gleich lang sind. Bei der normalen Textgestaltung von längeren Texten spielt die Satzausrichtung jedoch für die Lesbarkeit eine Rolle.

Bei der Ausrichtung unterscheidet man hauptsächlich 4 Satzarten: Linksbündigen und rechtsbündigen Flattersatz, Blocksatz und zentrierten Satz. Für eine gute Lesbarkeit sollte der Zeilenbeginn eines Textes eine optische Kante bilden, damit das Auge schneller den Anfang der Zeile findet. Rechtsbündiger Flattersatz und zentrierter Satz fallen da also schon mal raus. Sie sollten nicht bei längeren Texten verwendet werden, können aber für Überschriften oder kurze Texte sehr schön sein.

Bei Block- und Flattersatz scheiden sich ein wenig die Geister. Von der Lesbarkeit sind beide in etwa gleichauf. Sind die Zeilen sehr kurz kann eine automatische Einstellung im Schreibprogramm bei beiden zu Problemen führen: Da beim Blocksatz alle Zeilen gleich breit sind, werden die Abstände zwischen den Wörtern durch das Programm automatisch vergrößert. Das kann unschöne Löcher im Text verursachen. Oder die Schrift wird zusammengeschoben, was zu geringe Wortabstände zur Folge hat.

Beim Flattersatz sollte man darauf achten, dass er nicht zu sehr flattert durch automatisierte Umbrüche. Auch Treppeneffekte oder nicht sinnvolle Trennungen sollten vermieden werden. Programme wie InDesign können das inzwischen ziemlich gut, viele andere jedoch nicht.

Das war’s zu den typografischen Sachen und die nächsten Beiträge werden vermutlich wieder etwas spannender – vor allem, wenn es in die psychologische Ecke geht. :)

Falls ihr Fragen habt, schreibt mir gerne!

Fake Calligraphy Tutorial

Faux Kalligraphie Tutorial

Heute gibt es das versprochene Tutorial zur Fake Calligraphy bzw. Faux Calligraphy, denn man muss nicht immer mit Tusche und Feder rumhantieren, um eine Schrift im Kalligraphie-Look zu erhalten. Diese Technik ist gut für Einsteiger geeignet, um ein Gefühl für die Schrift zu bekommen und zum Üben selbiger.

Außerdem – und das ist fast noch wichtiger – ist die Technik super für Oberflächen, auf denen man mit der Feder nicht schreiben kann, oder wenn es mal etwas größer sein muss. Das ist beispielsweise meine Badtür:

Faux Kalligraphie Tutorial
Ich muss noch richtige Kreide kaufen, aber mit einem Chalkmarker kann man auch gut Dinge anmalen. :)

Das System für Fake Calligraphy ist denkbar einfach: Bei einer Schreibschrift werden einfach alle Abstriche, also die Striche, die mit dem Stift nach unten geführt werden durch einen zweiten Strich verbreitert. Der entstehende Zwischenraum wird dann entweder ausgemalt oder mit Mustern versehen.

Wichtig ist, dass der zweite Strich den richtigen Winkel hat, sonst sieht es merkwürdig aus. Der Winkel muss also mit dem generellen Winkel eurer Schrift übereinstimmen.

Fake Calligraphy Tutorial

In einem Alphabet sähe das dann so aus:

Fake Calligraphy Tutorial Fake Calligraphy Tutorial
Das Prozedere geht mit jeder Schreibschrift und ihr solltet es zuerst mit eurer Handschrift ausprobieren.

Wichtig ist hierbei, dass beispielsweise bei e und l die Schlaufen groß genug sind, damit noch ein Zwischenraum über ist, wenn ihr fertig seid.

Ansonsten könnt ihr damit super gut rumexperimentieren, da ihr nicht wie bei Tusche und Feder Gefahr lauft, auf dem Papier rumzukratzen oder die Feder zu zerstören. Macht die Doppelstriche mal schmaler, mal breiter, mal mit anderer Farbe etc. – ihr werdet überrascht sein, wie sich die Wirkung der Schrift verändert.

Auch eurem Zeichengerät sind keine Grenzen gesetzt. Super gerne nutze ich die Technik auch für das Chalk Lettering. Bei der Benutzung von Kreide muss man sich ein bisschen was in Sachen Buchstaben einfallen lassen, da man hier bei den Schattierungen etc. etwas eingeschränkter ist. Aus normaler Schreibschrift wird da schnell ein Hingucker. :)

Fake Calligraphy Tutorial

Lettering-Grundlagen: Typografie – Teil 1

Anatomie der Buchstaben / Typografie / Mikrotypografie

Ich hatte es ja schon angekündigt: Heute geht’s ein bisschen zu wie in der Schule. :) Denn ich finde, wenn man sich mit Schrift und Lettering beschäftigen will, sollte man auch einige Fachbegriffe und Zusammenhänge kennen. Das wird leider in den meisten Tutorials, Kursen und Co. völlig vernachlässigt, was daran liegen mag, dass die meisten sich das mit der Praxis irgendwo mal ein wenig abgeschaut haben, aber das eigentliche Hintergrundwissen einer fundierten Ausbildung fehlt.

Und da ich das echt ein Unding finde, müsst ihr jetzt bei mir da durch – ob ihr wollt oder nicht. Los geht’s mit den wichtigsten Begriffen rund um die Typografie. Nächste Woche folgt dann noch Teil 2 zum Schriftsatz und ein wenig Gestaltungspsychologie. Das macht nicht schlagartig einen Gestalter aus euch – da tut es neben dem angeborenen Talent eben doch nur die Übung – es hilft jedoch ungemein, Denkprozesse in Gang zu bringen und Dinge anders zu sehen, wenn man Letteringprojekte plant. Irgendwann geht das auch in Fleisch und Blut über.

Der Buchstabe

Buchstaben, die man in der Typographie auch Glyphen nennt, sind das kleinste Element, aus welchem man ein Wort oder einen Text bilden kann. Die Anordnung und die Gestaltung der Buchstaben bestimmt die Form und die Lesbarkeit eines Textes.

Majuskel oder Versalien / Versalbuchstaben: So lautet der Fachbegriff für Großbuchstaben. Sie orientieren sich an den geometrischen Grundformen Dreieck, Kreis und Quadrat.

Grundformen der Buchstaben

Minuskel oder Gemeine: So lautet der Fachbegriff für Kleinbuchstaben.

Anatomie der Buchstaben: 

Anatomie_der_Buchstaben

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1) Grundlinie – Linie, an der die Schrift ausgerichtet wird

2) Mittellinie oder x-Linie

3) p-Linie

4) k-Linie

5) Versalhöhe – Höhe der Versalien einer Schrift

6) Mittellänge oder x-Höhe – Höhe der Gemeinen einer Schrift

7) Oberlänge

8) Unterlänge

9) Stamm, Grundstrich

10) Abstrich – wird nach unten geführt

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11) Aufstrich – wird nach oben geführt; in der Kalligraphie i.d.R. auch der dünnste Strich = Haarstrich

12) Serife – häkchenartige Enden

13) Tropfen – runde Abschlüsse, z.B. beim a, g, c und j

14) Ohr, Fähnchen – Haken am g

15) Bauch – Rundung, z.B. beim d, b, p und q

16) Schulter – obere Rundung, z.B. beim m, n, a und h

17) Schleife – Schlinge am g

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18) Überhang – Bereich, der über die Versalhöhe hinaus ragt

19) Binnenraum, Punze – (teilweise) geschlossene Binnenfläche eines Buchstabens

20) Achse – Symmetrieachse zwischen den Stellen mit der geringsten Strichstärke

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Ligaturen

Ligaturen

Ligatur ist der Fachbegriff für die Verbindung von mehreren Buchstaben (meist zwei, selten drei) zu einem Zeichen. Sie vermeiden Löcher im Schriftbild (z.B. bei der Verbindung fi oder fl) oder verbinden Buchstaben zu Lauteinheiten (z.B. bei der Verbindung ch). Auch können sie eingesetzt werden, um die Schrift zu verzieren. Nicht verwendet werden sollten sie bei Buchstaben, die zwei Silben aneinander schließen bzw. bei Nahtstellen zusammengesetzter Wörter. Auch bei gesperrten Schriften (zu diesem Thema komme ich in einem der folgenden Posts noch) sollten sie nicht verwendet werden. Die wohl bekannteste Ligatur ist das &-Zeichen oder Ampersand, welches sich aus dem lateinischen „et“ (= und) entwickelt hat. Persönlich eins meiner Lieblingsschriftzeichen und auch im Lettering und der Kalligraphie sehr gut einsetzbar.

Fleisch, Vor- und Nachbreite, Dickte

Dickte

1) Fleisch: Weißraum um den einzelnen Buchstaben, der bei einigen Buchstabenverbindungen vor allem in Überschriften manuell ausgeglichen werden muss, damit optisch keine Löcher entstehen.

2) Vorbreite: Raum vor einem Buchstaben. 3) Nachbreite: Raum nach einem Buchstaben. > Diese Abstände sind bei fast allen digitalen Schriften nicht gleich groß, da sonst auch hier optisch Löcher entstehen würden. Das ist zum Beispiel bei runden Buchstaben der Fall. Sie haben eine reduzierte Vor- und Nachbreite, weil durch die Rundung mehr Weißraum vorhanden ist.

4) Dickte: Breite eines Zeichens mit Vor- und Nachbreite.

Die Liste ist, wie oben schon erwähnt, nicht vollständig, aber als Grundstock ausreichend. Der nächste Teil folgt in wenigen Tagen.

Anfängertipps: Grundausstattung für’s Illustrieren & Malen

Bevor es mit kleinen Tutorials losgeht, sind erstmal die Grundlagen dran. Und damit es nicht zu viel wird, habe ich mich entschieden, das Ganze zweizuteilen und die Lettering-Tools als extra Post abzukoppeln. Heute gibt’s daher einen Einblick in die Farbecke meines Schreibtisches und somit in die Grundausstattung, die ich empfehlen würde, wenn man sich ein wenig mit dem Malen und Illustrieren beschäftigen will.

Prinzipiell und generell ist es wie beim Fotografieren: Der mit der teuersten Ausrüstung macht die besten Bilder. *hüstel* Natürlich nicht. Eigentlich reichen auch eine Serviette und ein IKEA-Bleistift, um loszulegen und letztendlich müsst ihr selbst entscheiden, wie viel ihr investieren möchtet. Wer aber etwas länger Freude an seinen Bildern haben möchte, sollte zumindest ins mittlere Preissegment gehen und sich einen halbwegs ordentliche Farben gönnen. Die sind nicht teuer, aber intensiver und die Lichtechtheit ist ebenfalls besser. Billigfarben verblassen zum Teil recht schnell, wenn sie öfter mal hellem Tageslicht ausgesetzt sind.

Als Grundausstattung für Anfänger:

  • Bleistifte, Radierer und Spitzer
  • Pinsel in verschiedenen Größen
  • einige Grundfarben
  • ordentliches Papier
  • ggf. Tuschestifte für Outlines etc.

Vieles davon wird auch im Lettering-Beitrag noch mal auftauchen, denn man kann nicht nur mit Tusche und Feder schreiben. Dazu aber demnächst dann mehr.

Bleistifte und Radierer

Bleistifte Härtegrade

Die Bleistifte nutze ich hauptsächlich zum Skizzieren, Festhalten von Ideen oder Vorzeichnen. Es gibt sie in verschiedenen Härtegraden, die sich daraus ergeben, wie stark der Abrieb der Mine ist. Auf dem Bild sieht man das ganz gut. Oben ein Bleistift mit Härtegrad 2H, in der Mitte einer mit HB, unten ein Bleistift mit 2B. Um schöne Schatteneffekte zu erzielen, bieten sich weichere Bleistifte an. Allerdings ist es so, dass die dann auch leichter verwischbar sind und sich damit nicht so feine Linien zeichnen lassen. Für die Grundausstattung würde ich nicht alle 20 empfehlen (die habe ich nicht mal als Illustratorin), sondern 5 Stück in verschiedenen Härtegraden. Solltet ihr natürlich feststellen, dass ihr mit Bleistiften echt gut könnt, dann kann man immer noch nachrüsten.

Zu den Bleistiften sind zwei gute Radierer und ein Anspitzer unabdingbar. Ich nutze einen Knetradierer, einen ganz normalen Schulradierer und habe für unterwegs noch einen Radierstift. Der Knetradierer ist nicht ganz so bekannt, aber sehr hilfreich. Er funktioniert tatsächlich so, wie der Name erahnen lässt: Man kann ihn in die gewünschte Form bringen und deshalb auch eine sehr kleine Radierfläche erzeugen.

Pinsel

Hier gibt es wirklich uuuuuunendlich viele Optionen. Nicht nur, dass es Pinsel für die verschiedenen Maltechniken gibt, sondern auch noch Unterschiede in der Qualität und im Preis. Persönlich achte ich überhaupt nicht drauf, ob ein Pinsel nun für Aquarell- oder Ölfarben geeignet ist. Ich richte mich nach der Spitzenform, kaufe im mittleren Preissegment und achte drauf, dass die Haare entweder aus Synthetik oder zumindest nicht von Tieren sind, die ich als eher seltene Arten betrachte. Wobei ich wirklich wenige Echthaarpinsel habe. Auch hier braucht ihr nicht gleich 30 Stück, aber so 5 bis 10 in verschiedenen Größen sind schon hilfreich. Wie auch bei den Farben würde ich hier eine Shoppingtour zum Künstlerbedarf empfehlen, da es zwar auch in den Drogerien mittlerweile Pinsel gibt, die Qualität allerdings oft sehr zu wünschen übrig lässt.

Neben den normalen Pinseln, zu denen ihr immer noch ein Wasserglas braucht, gibt es auch Wassertankpinsel. Die eignen sich gut für unterwegs, denn der Wassernapf ist quasi eingebaut:

Wassertankpinsel Pentel

Es gibt hier nur wenig Auswahl in der Pinselspitze und diese besteht aus recht dicken Kunsttoffhaaren, weshalb sie bei mir tatsächlich fast nur zum Einsatz kommen, wenn ich nicht am Schreibtisch bin und schnell mal was auf Papier festhalten möchte.

Farben

Was die Farben betrifft, müsst ihr etwas rumprobieren und dann eure persönliche Präferenz herausfinden. Ich für meinen Teil hasse zum Beispiel Ölfarben, liebe aber dafür Aquarell-, Gouache- und Acrylfarben sowie Tuschen und Tinten, also alles, was sich miteinander oder mit Wasser gut mischen und verarbeiten lässt.

Auch hier unterscheidet sich meine „Unterwegs-Ausstattung“ etwas von der am Schreibtisch. Wenn ich wegfahre, habe ich einen kleinen Mini-Kasten von Winsor & Newton dabei:

Reisefarbkasten Winsor & Newton

So einen würde ich euch auch empfehlen, um erstmal zu schauen, ob ihr überhaupt damit klar kommt. Wieso, sage ich euch gleich noch. Grundsätzlich ist es so, dass ihr zum Malen auch die normalen Schulfarbkästen nehmen könnt. Die sind nicht verkehrt zum Üben, aber die Farbe ist oftmals von minderer Qualität, was sich auch in der Intensität und Lichtechtheit niederschlägt. Deswegen solltet ihr lieber einen kleinen Aquarellkasten nehmen, der keine 50 Farben umfasst, dafür aber hochwertige. Noch dazu ist es bei den Künstleraquarellkästen in der Regel so, dass ihr die kleinen Farbnäpfchen tauschen könnt. Das ist extrem praktisch, weil man nie alle Farben gleich abnutzt. Mein Reisekasten ist von Winsor & Newton und bewegt sich im Preissegment von ca. 10 Euro – also völlig im Rahmen, wenn man erstmal etwas rumprobieren will.

Bei den „Arbeitsfarben“ sieht’s da bei mir schon anders aus, aber ich benötige die ja auch beruflich. Vorstellen will ich euch das Ganze trotzdem mal.

Die Farben, mit denen ich am häufigsten arbeite sind Farben von Schmincke. Die gefallen mir von der Handhabbarkeit und von der Leuchtkraft her am besten. Hauptsächlich kommen bei mir Aquarellfarben zum Einsatz und hier bevorzuge ich ebenfalls einen Kasten mit Näpfchen.

Aquarellkasten Schmincke

Alle größeren Hersteller in dem Bereich bieten Modulkästen und eine riesige Farbpalette an, so dass man sich seinen Aquarellkasten individuell zusammenstellen kann. Schminckenäpfe sind allerdings nicht ganz billig. Sie haben einen Preis von 4 bis 5 Euro für die halben, also die kleinen Näpfchen und 6 bis 7 Euro für die ganzen, also die rechteckigen Näpfe. Tuben sind ebenfalls im Angebot, allerdings auch eben so teuer. Das sollte man wirklich nur ausgeben, wenn man es auch nutzt.

Neben dem Kasten wohnen bei mir auf dem Schreibtisch auch noch Gouache-Farben von Schmincke. Die lassen sich ähnlich verarbeiten, sind aber deckender anwendbar und ich nutze sie auch sehr oft für’s Handlettering.

Gouache_Schmincke

Außerdem habe ich verschiedene Tuschen auf Wasserbasis, die ich neben der Kalligraphie auch zum Illustrieren nutze. Und dann wären da noch die Acrylfarben. Die kommen hauptsächlich zum Einsatz, wenn ich mal andere Dinge wie Papier bemale bzw. die Farbe wirklich ordentlich decken und halten muss. Denn im Gegensatz zu Gouache und Aquarellfarben lässt sich Acrylfarbe nur schwer wieder anlösen, wenn sie einmal getrocknet ist.

Auf dem Papier äußert sich das dann so:

Farbproben

Während die Gouache in etwa wie die Aquarellfarbe anwendbar ist, ist es bei den Tuschen so, dass sie lasierend sind und je nach Papier ein schönes, gleichmäßiges Farbbild geben. Die Acrylfarben lassen sich hauptsächlich deckend einsetzen, haben aber auch eine entsprechend schöne Leuchtkraft:

Acrylfarben

Maskierflüssigkeit

Ein kleiner Tipp am Rande für das Arbeiten mit Gouache und Aquarellfarben: Es gibt den sogenannten Rubbelkrepp. Dieser ist verwendbar, um Bereiche auszusparen. Es gibt ihn in farblos und farbig und er wird ganz normal mit einem Pinsel aufgetragen. Nach dem Trocknen bildet er einen gummiartigen Film auf der Oberfläche (unten links im Bild) und lässt sich mit Wasserfarben übermalen. Sind diese trocknen, kann man die Maskierflüssigkeit mit dem Finger wegrubbeln und erhält so die Aussparungen. Damit lassen sich interessante Effekte erzielen. Ich nutze das auch teilweise, wenn ich kleine Bilddetails habe, um die ich sonst mühevoll herum malen müsste.

Rubbelkrepp

Tuschestifte

Da Aquarellfarben mit viel Wasser verarbeitet werden, kann man damit entsprechend nur über nicht wasserlösliche Dinge drüber malen. Die meisten Stifte scheiden da schon aus, weil die Linien ausfransen würden. Ihr benötigt daher wasserfeste Pigmentstifte, die nach dem Trocknen nicht mehr wasserlöslich sind. Ich nutze diesbezüglich Mircons und Copics, wobei die Copics nicht immer zufriedenstellend sind.

Bei den Microns ist es so, dass sie nach wenigen Sekunden trocken sind und auch dann nicht verlaufen, wenn man mit einem klatschnassen Aquarellpinsel drüber malt. Es gibt sie in verschiedenen Stärken und eine Brush- sowie eine Kalligraphievariante sind ebenfalls im Angebot.

Micron_Copic

Papier

Zu guter Letzt benötigt ihr natürlich auch Papier. Hier will ich keine konkrete Empfehlung geben, da es so viel Auswahl mit so vielen Oberflächenvarianten und -strukturen gibt, dass ihr euren persönlichen Favoriten selbst wählen solltet. Auch hier wieder: Zum Üben ist billiges Papier okay, zum echten Malen eher nicht so. Grundsätzlich solltet ihr zu Beginn gerade für Aquarellarbeiten einen Block kaufen, der an mindestens 3 Seiten verleimt ist. Dadurch, dass so nass gearbeitet wird, habt ihr sonst mit großer Wahrscheinlichkeit das Problem, dass sich das Papier wellt und auch nach dem Trocknen nicht mehr ganz in den Ursprungszustand zurück geht. Ist der Block also auf drei Seiten fixiert, kann das Papier nirgends hin und wird beim Trocknen wieder in den Ursprungszustand gezogen.

Was die Oberfläche betrifft, mag ich persönlich lieber Papier mit weniger Struktur. Hier bietet sich ebenfalls ein Ausflug zum Künstlerbedarf an. Dort kann man das Papier mal in die Hand nehmen und sich die Strukturen genau anschauen.

So viel zum Thema Grundausstattung. Das Gleiche gibt es, wie gesagt auch noch einmal zum Thema Lettering und dann geht’s los mit Tutorials. Ich wünsche euch schon mal viel Spaß beim Üben und vor allem beim Finden eures eigenen Stils! :)